Die Rede unseres Bürgermeisters anlässlich des diesjährigen Volkstrauertages
Liebe Gäste usw. Kyffhäuser, Herzog Christian von Oldenburg
Reden zum Volkstrauertag sind eine besondere Herausforderung. Besonders deshalb, weil man sich als Repräsentant einer Institution, einer Gemeinde oder des Staates alljährlich vor die Aufgabe gestellt sieht, ein paar intelligente, berührende und für die Vergangenheit wie Zukunft gültige Worte zu finden. Und dem, was man im vergangenen Jahr gesagt hat, noch etwas Neues hinzuzufügen. Aber einen Versuch ist es allemal wert.
Trauer verbinden wir im Allgemeinen mit Verlust. Zuallererst mit Verlust von Menschen durch Tod oder Bruch von Freundschaften. Trauern wird mancher auch um den Verlust von sicher geglaubten Gefügen – soziale Gemeinschaften mögen es im Kleinen sein, politische Verhältnisse im größeren Maßstab. Trauer bezieht sich im Allgemeinen auf Ereignisse in der Vergangenheit, die aber für die Zukunft eine existentielle Bedeutung haben.
Über den Sinn des heutigen Gedenktages ist viel diskutiert worden, und das ist gut so und wünschenswert. Zumindest dann, wenn Diskussion und Diskurs in gegenseitigem Respekt und mit Verantwortungsbewusstsein geschehen. Die Widmung dieses Gedenktages allen Toten und Opfern von Krieg und Gewalt war sicherlich ein Kompromiss, aber ein historischer, der Maßstäbe für Vernunft und Akzeptanz setzt. Wir sollten ihn in Ehren halten.
Die politische Lage hat sich - besonders in den letzten Tagen und Wochen - dramatisch bewegt. In vieler Hinsicht und in vielen Teilen der Welt stehen die Zeichen weniger denn je auf gewaltfreie Veränderung und respektvollen Umgang miteinander. Umso wichtiger wird das Innehalten und die Rückschau: Sie haben eine wichtige Funktion für die Zukunft. Sicher ist, dass wir nicht trauern können, nur weil es uns der Kalender vorschreibt. Aber solange dieser Tag noch Anlass für die Menschen bietet, sich Gedanken über die Folgen von Intoleranz, Machtwahn und Kausalitäten einer Gewaltspirale zu machen, erfüllt er seinen Zweck.
Meist richten wir den Blick am Volkstrauertag in die Vergangenheit; besonders hier in Deutschland steht dabei die Monstrosität einer Diktatur im Focus, in deren Anfängen viele noch glaubten, es sei eine Clique von an sich harmlosen Spinnern an die Macht gekommen, deren Spuk so schnell verschwinden werde wie er gekommen war. Das bittere Ende waren Millionen Todesopfer, verwüstete Städte und Landstriche, Leid und Elend – weit über Deutschland hinaus. Für viele, die das Drama überlebten, bedeutete es eine Zukunft mit extremen psychischen Belastungen, die auch Auswirkungen auf nachfolgende Generationen hatten.
Widmen wir diesen Tag doch auch der Wachsamkeit! Unsere moderne Demokratie mag von vielen als wehrhaft angesehen werden, aber ein pluralistisches System bietet – leider – viele Angriffspunkte für seine Gegner. Einer ist die innere Bereitschaft eines jeden von uns, auf populistische Marktschreier hereinzufallen, die einfache Lösungen für komplexe Probleme anbieten. Meist kombiniert mit plausibel klingenden, aber unwahren Behauptungen, oder, was noch schlimmer ist, mit Halbwahrheiten.
Liebe Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr insbesondere von unserer Patenkompanie,, auch in diesem Jahr gilt mein Dank besonders Ihrer Bereitschaft, die Errungenschaften unserer Demokratie, unsere Verfassung und ihre Umsetzung zu verteidigen. Bleiben Sie wachsam, umsichtig und professionell!
Viele eingefleischte Pazifisten haben inzwischen eingesehen, wie sehr wie Sie brauchen. „Die Friedensdividende ist aufgebraucht“, wie es kürzlich ein keineswegs der Nähe zu Militarismus verdächtiger Journalist formulierte. Meine Bitte an Sie: Lassen Sie sich niemals zu Hurra-Patriotismus verleiten, aber tun Sie alles, was nötig ist, unserem Staat einen Fortbestand in einem Frieden zu ermöglichen, der seit über einem Vierteljahrhundert andauert. Und denken Sie dabei auch über die Grenzen Deutschlands hinaus! Um es mal kurz und knapp zu formulieren: Frieden funktioniert nur, wenn alle mitmachen!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!